Mama wollte uns etwas Gutes tun und besorgte uns einen Platz in einem Zeltlager bei Verden an der Aller. Unsere vier Jahre ältere Cousine Lydia fuhr auch mit. Dies sollte nun unsere erste Reise ohne die Eltern sein. Mama brachte uns zum Bus. Wir schliefen in großen Zelten zu dritt übereinander. Ich fiel von ganz oben aus dem Bett und landete zum Glück auf meiner Decke, die ich mitgerissen hatte. Rixa machte sich Sorgen um mich. Vor dem Eingang des Zeltes legten wir Gärten an. Leider wuchs auf dem sandigen Boden nichts Rechtes, so dass wir schöne weiße Steine und Moos sammelten. Dazu gingen wir drei in den Wald. Dort hatten wir uns eine kleine Birke ausgesucht, unter der wir lagerten und träumten. Hier war unser Geheimplatz, hier gaben wir uns hemmungslos unserem Heimweh hin, das uns umso stärker befiel, je länger wir fort waren. Lydia versuchte uns zu trösten und isolierte uns dabei immer stärker von den anderen Kindern. Wir fanden keine Freunde. Bei sommerlichem Wetter saßen wir drei an langen Holztischen im Freien und aßen mit vielen anderen Kindern zu Mittag, die wir alle nicht kannten. Zum Trinken stellten wir uns mit unserem Becher in einer Schlange an und gelangten endlich zu einer Tonne mit einem Hahn, aus dem Himbeersirup, verdünnt mit Wasser floss; hellrosa mit wenig Himbeergeschmack und lauwarm war unser Getränk. Uns umschwärmten die Wespen, von denen wir mehrmals gestochen wurden. Ich bekam hohes Fieber und fantasierte. Im Lazarett besuchte mich meine Schwester und wir weinten, weil wir so gern nach Hause wollten. Dann nahte ein Sommergewitter, bei dem ein großer Sturm aufkam. Von den Betreuern wurden wir angehalten, uns in die Mitte des Zeltes zu stellen und die Zeltstange festzuhalten. Wir hatten große Angst, aber alles ging gut. Endlich fuhren wir wieder nach Hause. Mama holte uns vom Bus ab und wunderte sich sehr, als sie unseren Koffer anhob. Sie konnte ihn kaum tragen und sagte zum Spaß: " Habt ihr da vielleicht Steine drin?" Tatsächlich hatten wir den Koffer voller Steine, die wir liebevoll gesammelt hatten. Unsere Feldsteine waren unsere Freunde. Wir hatten ihnen Namen gegeben und wollten sie nicht zurück lassen.

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