6.Oktober 1845 Brake bei Bremen

vorhandenen langen Reise, so daß er Montag früh den 6. Oktober auf vollkommenste ausgerüstet, segelfertig da stand. Nur noch ein günstiger Wind wurde erwartet, der uns aus der Weser in die Nordsee und aus dieser durch den Kanal in den unermeßlichen Ozean treiben sollte. Seit 14 Tagen wehte ein starker, unserer Reise entgegenstehender Westwind und der am heutigen Tage von Osten her zu wehen anfängt. Diesen unserer Fahrt günstigen Wind hätte der Kapitän sogleich vorteilhaft benutzen können, wenn man nicht die betrübende Überzeugung gemacht hätte, daß der Hinterteil des Schiffes mit einer zu großen Last überladen sei, weshalb die Folge war, daß der Hinterteil zu tief ins Wasser ging, der Vorderteil aber zu hoch aus dem Wasser hervorragte. Im Hinterteil war nämlich sehr viel Eisen geladen, das hier weggenommen und ins Vorderteil gebracht werden musste, um das Gleichgewicht der Ladung herzustellen. Die Matrosen wurden daher heute zu Ausführung dieser Arbeit schon in aller Frühe beordert und hatten den ganzen Tag bis spät in die Nacht schwer zu arbeiten, um die saure Arbeit zu vollenden.

Auch wurde am heutigen Tage das Schiff noch mit Brot und anderen Reisebedürfnissen versorgt. Dienstag den 7. Oktober 1845 beschloss der Kapitän in aller Frühe die Anker aufzuziehen zu lassen und sich der Nordsee zu nähern; allein es wütete an diesem Tag ein furchtbarer Sturm der ihn nöthigte, sein Schiff noch ruhig und sicher ruhen zu lassen, weil ein solches Wetter die Ausfahrt aus der Weser in die Nordsee unmöglich machte.Als aber Nachmittags das furchtbare Toben des Südostwindes ein wenig nachgelassen und sich zu einem mäßigen Winde gemildert hatte, gab der Kapitän sofort den Befehl die Anker zu lichten, um noch an diesem Tage den von Brake 3 Meilen weit entfernten Bremer-Hafen zu erreichen, sich dort auf der Rhede zur Nacht vor Anker zu legen und Tags darauf schon um 4 Uhr früh die Fahrt zur Nordsee zu beginnen. Es war Dienstag der 7. Oktober 2 1/2 Uhr spät, als wir Brake den Ort unsere Einschiffung und unseres zehntägigen Aufenthalts verließen. Die 210 Zwischendeck Passagiere verließen ihren inneren Zwischenraum so wie die sechs Kajütenpassagiere ihre Kajüte, begaben sich ins Freie aufs Verdeck und sahen voll freudiger Begeisterung den Neptun sich allmählich vom Lande entfernen

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