Spätestens in der vierten Klasse begannen wir uns für Jungen zu interessieren. Ich als ziemlich gute Schülerin verguckte mich in den schlechtesten Schüler, der außerdem auch noch einen üblen Ruf hatte – Helmut. Rosi bemühte sich, uns zu verkuppeln. Sie schrieb kleine Briefchen und arrangierte Rendezvous’. Bei einem dieser Treffen gingen wir in unseren Garten und spielten in dem kleinen Hühnerhäuschen, das jetzt unser Spielhaus war, "Vater, Mutter und Kind". Ich war die Mutter, Helmut der Vater, Rosi das Kind. Bei dieser Gelegenheit sperrte uns Rosi in das Häuschen ein und verlangte, dass wie uns küssten. Uns beiden war das schrecklich peinlich; wir wussten nicht, was wir jetzt machen sollten und beschlossen, da Rosi nicht nachgab, einfach zu behaupten, wir hätten uns geküsst.

Rosi und ich besaßen jeder ein Schatzkästchen. Das waren kleine Blechdosen oder Zigarrenkästen, die wir mit bunten Wollflusen, von unseren Pullovern abgezupft, füllten. Außerdem taten wir schöne Steine, Glasmarmeln oder Knöpfe hinein und vergruben alles höchst geheimnisvoll in der Erde. Auf dem Schulhof stellten wir uns unter einen großen Baum, sahen hinauf ins dichte Blätterwerk, stellten uns vor, dort oben zu wohnen und dachten uns Geschichten aus. Mit neun Jahren brachte ich mir selbst das Schwimmen im "Wallerseebad" bei. Bei schönem Wetter gingen wir alleine zu diesem Schwimmbad, das man heute als Naturbad bezeichnen würde. Der Boden bestand aus schlammiger Erde, das Wasser sah pechschwarz aus. Zuerst tat ich immer so, als könne ich schwimmen, indem ich einen Zeh auf den Boden hielt und mit den Armen Schwimmbewegungen machte. "Guck’ mal, Rixa, ich kann schwimmen!" rief ich. Aber meine Schwester glaubte mir nicht. Durch stetiges Wiederholen und Üben gelangen mir endlich einige Schwimmzüge ohne Hilfe des Fußes. Nun ging es unaufhaltsam voran, Meter um Meter steigerte ich meine Schwimmdauer und konnte bald die Freischwimmerprüfung wagen, die daraus bestand, dass man eine Viertel- stunde ununterbrochen schwamm und vom Ein-Meter-Brett sprang. Jetzt konnte ich die hölzerne Wand, die das Nichtschwimmerbecken vom tiefen Wasser trennte, überwinden.

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