25. November 1845, Galveston Hafen

noch vor Sonnenaufgang, angekleidet, gekämmt und gewaschen auf dem Verdeck in der Erwartung, der Anker würde gezogen und die Segel gespannt werden, um in wenigen Stunden in Galveston zu sein; allein der eigensinnige Lotse schien der Erwartung zu spotten; er zögerte bis Mittag mit dem Befehl zum Lichten der Anker, erst um ein Uhr nachmittags bequemte er sich das Schiffsvolk in Tätigkeit zu sehen und das Schiff zum Einlaufen in den Hafen fertig machen zu lassen. Ein Bremer Schiff namens Hercules war schon Tag zuvor mit 200 Auswanderern in den Hafen eingelaufen, vor dem Hafen waren dergleichen noch sechs die alle mit uns zugleich, nur mit Ausnahme des Washingtons in den Hafen zu Galveston einliefen. Wie wir in den Hafen kamen mußten wir erst eine Sandbank, Barre genannt, passieren. Diese kann man nur zur Zeit der höchsten Fluth, darum das Zögern das Lootsen, passieren und es können hier auch nur solche Schiffe hinüber kommen, die nicht tief gehen und nur höchstens 10 Fuß Wassertiefe gebrauchen, darum durfte der Washington, der ein großer amerikanischer Dreimaster von Antwerpen 200 Auswanderer für den Verein hierher gebracht und von einer Wassertiefe von mehr als 10 Fuß bedurfte nicht über die Barre gehen, sondern er musste mit seinen 200 Passagieren vor derselben sich vor Anker legen. Die anderen Schiffe aber liefen mit uns zur gleichen Zeit in den Hafen ein, wo selbst sie nach Verlauf von einer Stunde im Angesichts der Stadt Galveston sich vor Anker liegen. O, welche Freude bemächtigte sich unsere aller, die wir seit 7 Wochen eine solchen Anblicks entbehren mussten, und während dieser langen Zeit uns auf einem äußerst beschränkten Raum begnügen, über uns den blauen Himmel unter uns den Boden des schwankenden Schiffes, um uns weiter nichts als die wogenden Wellen des unermesslichen Oceans hatten! Alle Schiffe hatten sich heute festlich geschmückt mit ihren Nationalflaggen. Ebenso wehte zu Ehren der ankommenden Schiffe von dem Consulatgebäude zu Galveston die Bremer Nationalflagge von sehr bedeutender Größe herab. Die Schiffe, welche heute mit uns in den Hafen liefen, waren alle mit Auswanderern nach Texas für den Mainzer Verein und kamen, nur mit Ausnahme des Washington, alle aus Bremen. Sie hießen Hercules, Neptun, Georgo, Delius *), Margarete, Garonne

*) Wahrscheinlich benannt nach Ludwig Georg Delius

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