21.Oktober 1845 39. Breitengrad

Im Geiste fühlte man sich in die liebe Heimath versetzt, wo man in einem Garten unter Bäumen und Zelten, die hier die Mastbäume und Segel zu bilden schienen, einem Tanzvergnügen beiwohne. Nach 9 Uhr nahm das Tanzen ein Ende, der Sonntag war unter freudiger Lustbarkeit geendet und jeder begab sich dann ins Innere des Schiffes, suchte sein Lager auf und ergab sich der Ruhe, die ihn bald in ihre sanft erquickende Arme nahm und seine Glieder durch einen sanften Schlaf für den kommenden Morgen stärkte.

Montag den 20. Oktober 1845. Wir befinden uns heute ungefähr unter dem 39. Grad nördlicher Breite und hatten die Nacht hindurch einen mäßigen Ostwind, der uns ziemlich schnell vorwärts trieb. Die Witterung nimmt immer mehr an Wärme zu, so daß wir nicht anders glauben, als daß wir uns in unserer Heimath mitten im Sommer um Johanni aus befinden dürften. Auf unserer bisherigen Reise haben wir in der Nordsee und im nördlichen Kanalarm die rauhe Witterung des Herbstes gehabt; im südlichen Kanalarm und beim Eintritt in den Ocean, empfanden wir die kühle Frühlingsluft des Aprilmonats und jetzt, o Wunder sogar die schönste Wärme des Juli- und Augustmonats, ja es ist das Wetter hier noch schöner und angenehmer, weil die übermäßige Hitze durch die immer sich gleichbleibende Seeluft gemildert und angenehm gemacht wird. Auch die Nächte sind hier nicht kalt, sondern kühl und angenehm erfrischend. Froh und heiter sitzen wir dann gruppenweise auf dem Verdeck und plaudern vergnügt und erheitert entweder von unseren Lieben, die wir in der Heimath zurückgelassen, oder von unseren Hoffnungen und Erwartungen unserer neuen Heimath. So vergehen uns die Stunden, Tage und Wochen und lassen uns vergessen, daß wir mitten auf dem Ocean sind. — Nachmittag ging der Wind mehr nach Norden, von wo aus er aus vollen Backen zu blasen anfing; die See ging hoch und das Schiff flog wie ein Vogel in der Luft über die brausenden Wogen dahin und legte in der darauffolgenden Nacht eine bedeutende Strecke seiner langen Reise hinter sich zurück. Trotz dem, daß der Neptun auf den brausenden Wogen gewaltig tanzte und dabei bedeutende Schwingungen machte, werden die Kranken und Schwachen doch nicht kränker und außer ein wenig Schwindel und Kopfweh den sie empfanden,

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